Krenzer • "12 Jahre – 12 Schicksale" im Geschichtsunterricht • 1938 | ← → |
4) Materialien: 1938 – Thoenes | Seite 13 von 32 |
M13 – Entziehung des Personenfürsorgerechts, 5.2.1938 | Die Eltern des Hans Thoenes sind Anhänger der internationalen Bibelforschervereinigung.
Frau Thoenes ist dieserhalb 7 Monate in Schutzhaft gewesen und bereits zweimal wegen Vergehens gegen die Verordnung vom 28. 2. 1933
zum Schutze von Volk und Staat mit einem Monat bezw. 10 Monaten Gefängnis bestraft worden. Sie befindet sich z. Zt. im Gefängnis.
Der Vater des Minderjährigen hat die Teilnahme an den Reichstagswahlen mit dem Hinweis auf Jehova abgelehnt. Er hatte bei der Firma
Krupp eine ungekündigte und hinreichend bezahlte Arbeitsstelle. [...] Er ist aus der Arbeitsfront getreten. Seinen Austritt begründet
er mit einer Anzahl Bibelstellen. Infolgedessen wurde Thoenes gekündigt und lebt jetzt von der Wohlfahrt.
Der Minderjährige ist dem Einfluß seiner Eltern bereits erlegen. Die Mutter hat dem Jungen verboten, den deutschen Gruss auszusprechen. Der vierteljährliche Lehrmittelbeitrag von 20 Pfg. wird von den Eltern aus den angegebenen religiösen Gründen verweigert. Eine Umstimmung der Eltern im Interesse des Kindes war vergeblich. Sie wurde mit dem Bemerken: “Wir haben Jehova die Treue geschworen, und die Treue müssen wir ihm halten” zurückgewiesen. In der Schule hat sich der Minderjährige, der mit Begeisterung die Lieder der Bewegung sang, zurückgehalten, wenn der Unterricht für die nationalsozialistische Weltanschauung ausgewertet wurde. Ein Brief von ihm an seine Mutter beginnt: “Wir grüßen dich geliebte Mutter mit Psalm 34: 1-9”. Er führt auch in dem Briefe noch Bibelsprüche an. Er ist schon in die Fusstapfen seines Vaters getreten und hat bei seiner Vernehmung mit Stolz erklärt, er stehe auf demselben Standpunkt, wie sein Vater. Hieraus ergibt sich, dass der Minderjährige schon in hohem Grade geistig und sittlich verwahrlost ist hinsichtlich seiner Einstellung
gegenüber dem Staat. Durch seine Erziehung im Sinne der Bibelforscher ist er zum Leugner jeglicher staatlicher Autorität geworden. Im
Interesse der Volksgemeinschaft und besonders im Interesse des Minderjährigen selbst muss dieser Tatsache entgegengewirkt werden. Die
Voraussetzungen des § 63 Ziff. 2 des Reichsgesetzes für Jugendwohlfahrt sind gegeben. Denn im Elternhaus würde sein Widerstand gegen
die Staatsautorität nur bestärkt werden. Es musste deshalb die Fürsorgeerziehung angeordnet werden, um den sonst wertvollen Jungen
vor der völligen geistigen und sittlichen Verwahrlosung zu retten.
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