Krenzer"12 Jahre – 12 Schicksale" im Geschichtsunterricht1940  

4) Materialien: 1940 – Kusserow Seite 21 von 32

M21 – Abschiedsbrief Wilhelm Kusserow, 26. April 1940
 
Liebe Eltern und liebe Geschwister!

Meinen allerbesten Dank, dir liebe Mutti, für die schönen Briefe, die mir heute an meinem letzten Abend noch mal alle gezeigt wurden. ... Nun wisst Ihr ja, dass ich, wie es in der Schrift auch steht, treu bis zum Tode war. Allerdings ist es sehr schwer, diesen Gang zu gehen. Aber es vielleicht besser so und Gott wird es wohl auch so gewollt haben, denn der menschliche Körper und seine Nerven werden ja auch sehr angegriffen, wenn man dauernd den Tod vor sich hat und noch so jung ist. Aber ich will auch jetzt noch weiter auf Gott vertrauen und mein Heil in Jesus Christus erkennen, denn nur durch ihn können wir errettet werden. Er war unser Vorbild. Durch standhafte Ausdauer und Beten haben wir nur die Kraft, dieses alles auf uns zu nehmen; vor allem durch unerschütterliches Vertrauen und Glauben, dass er, der Höchste und vom Tode wieder auferweckt. Möge dies recht bald geschehen. Aber wir wissen ja, dass Gott gerecht und wahrhaftig ist und dass wir unter seinem Schutz stehen.

Meine lieben Eltern und Geschwister, Ihr wisst ja alle, wie sehr ich am Euch hänge, dieses kommt mir immer wieder zu Bewusstsein, wenn ich unser Familienfoto betrachte. Wie groß war doch unsere Harmonie immer zu Hause. Aber wir müssen trotzdem Gott über alles lieben, wie es uns unser Führer Jesus Christus vorschrieb. Wenn wir führ ihn gerade stehen, wird er uns auch dafür belohnen.

Meine liebe Mutti, Du glaubst gar nicht, was für ein großer Trost mir Deine Briefe waren und mir gerade jetzt sind. Ebenso sind mir Papas Briefe ein sehr großer Trost. Hier im Gericht hat man sich die größte Mühe gegeben, mein Leben zu erretten, auch im letzten Moment noch. Besonders Herr Rechtsanwalt Dr. Rohr hat sich die erdenklichste Mühe um mich gegeben. – Doch hätte ich mich umgestellt, so wäre alles verloren gewesen und umsonst und stände jetzt außer Gunst Gottes, und die inneren Qualen wären jetzt größer gewesen wie sie heute sind, wo ich weiß, dass ich genau nach dem Gesetze Gottes gehandelt habe.

Nun bitte ich Euch, betet weiter zu dem allmächtigen Schöpfer, der alles geschaffen hat und bei dem kein Ding unmöglich ist, für alle Treuen, für Euch und auch für mich. Werde jetzt noch das gleiche tun, denn die Zeit ist nahe, wo alles in Erfüllung geht, was in der Heiligen Schrift enthalten ist.

Nun seid alle recht herzlich gegrüßt und auf ein recht baldiges Wiedersehen und wünsche Euch noch viel Mut im Glauben von Eurem stets an Euch denkenden Sohn und Bruder

gez. Wilhelm

Randnotiz: Karl, leider ist es zum Besuch zu spät. Mein Wintermantel und Hut ist noch hier.
 

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